Hinter den Kulissen
Wandernde und Mountainbiker nebeneinander: geht das?
Der Kanton Luzern verfügt über 2’750km markierte Wanderwege, welche von Wandernden, aber auch von diversen weiteren Nutzergruppen wie Mountainbikenden genutzt werden. Dies birgt Konfliktpotential und macht gewisse Grundsatzentscheide notwendig. Zurzeit erarbeitet die Fachstelle Fuss- und Veloverkehr der Dienststelle Verkehr und Infrastruktur deshalb eine kantonale Strategie für die Mountainbike-Lenkung. Der Präsident des Vereins Luzerner Wanderwege, Hanspeter Hürlimann wie auch Andy Stalder, Präsident des Vereins Mountainbike Luzern nehmen dazu Stellung.
Carmen Meyer (CM), Luzerner Wanderwege: Weshalb ist euch eine friedliche Koexistenz von Wanderern und Mountainbikern wichtig?
Andy Stalder (AS), Verein Mountainbike Luzern: Wir können es uns ökologisch und ökonomisch nicht leisten, eine zusätzliche Weginfrastruktur, exklusiv für Bikende zu erstellen. Die Nutzung der bestehenden Infrastruktur durch alle Erholungssuchenden muss das Ziel sein und ist mit gegenseitiger Rücksichtnahme möglich.
HansPeter Hürlimann (HPH), Verein Luzerner Wanderwege: Wandernde sowie MTB – Fahrerinnen und Fahrer haben eine Vielzahl von gemeinsamen Interessen: Naturerlebnis, Erholung, Zusammensein, Genuss, sportliche Herausforderung. Ein grosser Teil der Wege lässt bereits heute eine gemeinsame Nutzung zu, wenn beide Seiten rücksichtsvoll und tolerant sind.
CM: Was antworten Sie verärgerten Wandernden und Mountainbikenden, wenn Sie sich über die jeweils andere Partei aufregen?
AS: Probiert es mit einem Lächeln.
HPH: Beidseits gibt es leider Personen, die sich nicht korrekt verhalten. Es kann und darf nicht sein, dass ein kleiner Teil das Ziel der gemeinsamen Nutzung der Wege gefährdet. Und es braucht auch noch Zeit, dass sich beide Gruppen aufeinander einstellen und alle Regeln beachten.
CM: Wer hat denn rechtlich «Vortritt» bei einem gemeinsam genutzten Weg?
AS: Fussgänger:innen haben gegenüber Fahrradfahrenden immer Vortritt, doch kann es auch sein, einen Bikenden passieren zu lassen, nachdem dieser sein Tempo der Situation angepasst hat. Hier gilt für den Mountainbiker, die Mountainbikerin, Fussgänger maximal mit der doppelten Geschwindigkeit zu passieren.
HPH: Es bringt aber nichts, diesen Vortritt auf Biegen und Brechen durchzusetzen. Je nach Situation macht es Sinn kurz anzuhalten und einen kleinen Schritt zur Seite zu gehen, was oft problemlos möglich ist.
CM: Wie ist die aktuelle Rechtslage: Darf man aktuell im Wald biken, abgesehen von speziellen Bike Trails?
HPH: Im Kanton Luzern ist Biken im Wald auf bekiesten Wegen sowie auf Strecken, welche als Bikeweg signalisiert sind, erlaubt. Biken quer durch den Wald ist nicht erlaubt.
TIPPS FÜR EINE KONFLIKTFREIE BEGEGNUNG AUF DEN WANDERWEGEN
Einsicht: Respektieren Sie andere Nutzergruppen als gleichwertig. Mountainbikende haben genauso das Recht, Wanderwege zu nutzen wie Wandernde (wo nicht anders markiert). Im Gegenzug berücksichtigen Bikende die Wandernden als langsamere, schwächere Nutzergruppe.
Voraussicht: Schauen Sie als Biker, Bikerin voraus und machen Sie sich frühzeitig bei Wandernden auf eine positive Art bemerkbar. So erschrecken Wandernde nicht und können sich rechtzeitig auf das Kreuzen einstellen. Ausserdem: Freundlichkeit steckt fast immer an.
Rücksicht: Mountainbikende reduzieren frühzeitig ihr Tempo und passieren Wandernde maximal mit der doppelten Geschwindigkeit von Fussgänger:innen. Je nach Weg und Situation ist ein kurzes Absteigen vom Bike angebracht. Wandernde stehen einen Schritt zur Seite, wenn ein problemloses Kreuzen nicht möglich ist.
Nachsicht: Regen Sie sich nicht auf, sollten Sie auf jemanden treffen, welcher diese Tipps nicht zu Herzen nimmt. Er oder sie gehört zum Glück zu einer kleinen Minderheit.
HansPeter Hürlimann, Präsident Luzerner Wanderwege, und Andy Stalder, Präsident Mountainbike Luzern
Wanderwege im Winter
Wandern ist auch im Winter beliebt. Doch ist das Wanderwegnetz dafür überhaupt geeignet?
Geschäftsleiter Andreas Lehmann erklärt:
Wanderwege sind für die Begehung bei schnee- und eisfreien Verhältnissen angelegt. Meteorologische Gefahren wie Schneefall und Eisbildung fallen in die Eigenverantwortung der Wandernden.
Gegenstand dieser Definition ist der sogenannte bestimmungsgemässe Gebrauch der Wanderwege. Das heisst die Benutzung durch zu Fuss gehende Personen in normalem Gehtempo entsprechend den Anforderungen der Wegkategorie.
An die Anlage und den Unterhalt des öffentlichen Wegnetzes werden generell keine allzu strengen Anforderungen gestellt. Das Wanderwegnetz steht dabei auf der untersten Stufe der Anforderungsskala. Es unterscheidet sich deutlich vom Fusswegnetz im Siedlungsgebiet, das der ortsansässigen Bevölkerung als alltägliche Verkehrsverbindung dient. Nach einem Schnee- oder Kälteeinbruch sind keine Massnahmen erforderlich, welche das Begehen der Wanderwege erlauben.
Situation im Unterland
Wanderwege müssen nach Schneefall oder bei Frost weder geräumt noch begehbar gemacht, von Eis befreit oder sonstwie unterhalten werden. Dies gilt beispielweise auch im Unterland, wenn in schneearmen, kalten Wintern das Wegnetz über weite Strecken zugänglich ist. Wegstellen mit starker Vereisung, etwa in einem schattigen Tobel, sind nicht ausgeschlossen.
Gefahren in den Bergregionen
Wanderwege im Gebirge können bei spät einsetzendem Schneefall noch weit in den Herbst hinein grundsätzlich begehbar sein. Stellenweise kann es jedoch vorkommen, dass sich wegen anhaltenden tiefen Temperaturen sowie austretendem Hangwasser Eis auf dem Weg bildet. Exponierte Stellen, welche normalerweise problemlos zu passieren sind, können sich so in Hindernisse mit hohem Absturzrisiko verwandeln.
In höheren Lagen trifft man noch weit in den Sommer hinein an nordseitigen schattigen Hängen auf Schneefelder. Die Querung solcher Schneefelder kann ausgesprochen gefährlich sein.
Der Schutz- und Handlungsbedarf hängt von der Wegkategorie ab. Ein erhöhter Schutzbedarf kann allenfalls bei Bergwanderwegen in der Nähe von Siedlungen und Bergstationen bestehen, wenn der Weg aufgrund von Torismusangebot, Werbung oder Bahnbetrieb früh und viel begangen wird.
Wissenswertes zum Wandern im Winter
Mehr über die Tätigkeitsbereiche der Geschäftstelle
Bruno Müller – unser «Mr. SchweizMobil»
Emmenuferweg neu Regionale Route 83
Die SchweizMobil Routen gehören zu den schönsten Wanderungen der Schweiz. Einstellige Zahlen sind nationale Weitwanderwege, zweistellige Nummern kennzeichnen regionale Mehrtagestouren und dreistellige Routen verweisen auf lokale Highlights. Sie werden mit sogenannten «Inlets», das sind grüne, quadratische Kleber, auf Richtungszeigern unterhalb der eigentlichen Wegweiser signalisiert. Welche Wege kommen in diese Auswahl? Und wer kümmert sich um die Kontrolle der Signalisation?
Bei den Luzerner Wanderwegen ist es seit 2021 Bruno Müller. Gleichzeitig amtet er als Leiter für den Bezirk Eschenbach für den Verein und kennt die Richtlinien der korrekten Wanderwegsignalisation aus dem Effeff. Der gelernte Hochbauzeichner und Zimmermeister ist sich eine exakte Arbeitsweise gewohnt, der Umgang mit Werkzeug geht ihm leicht von der Hand. Im Nu montiert Bruno beim Wegweiserstandort «Eiseesattel» zwei Richtungszeiger mit dem Inlet Nr. 83. Zuvor traf er sich mit Beat Felder, Bezirksleiter und Werkdienstchef in Sörenberg. Während der Besprechung notiert der 64-Jährige Informationen von Beat in die Übersichtskarte. Fein säuberlich. Der Einsatzplan steht.
Bruno Müller ergänzt am Bergwanderweg unterhalb des Brienzer Rothorns einen neuen Richtungszeiger mit dem Inlet Nr. 83. Die Anordnung der Schilder an der Wegweiserstange folgt exakten Richtlinien.
Der Kanton Luzern verfügt über 2’750km markierte Wanderwege, welche von Wandernden, aber auch von diversen weiteren Nutzergruppen wie Mountainbikenden genutzt werden. Dies birgt Konfliktpotential und macht gewisse Grundsatzentscheide notwendig. Zurzeit erarbeitet die Fachstelle Fuss- und Veloverkehr der Dienststelle Verkehr und Infrastruktur deshalb eine kantonale Strategie für die Mountainbike-Lenkung. Der Präsident des Vereins Luzerner Wanderwege, Hanspeter Hürlimann wie auch Andy Stalder, Präsident des Vereins Mountainbike Luzern nehmen dazu Stellung.
Carmen Meyer (CM), Luzerner Wanderwege: Weshalb ist euch eine friedliche Koexistenz von Wanderern und Mountainbikern wichtig?
Andy Stalder (AS), Verein Mountainbike Luzern: Wir können es uns ökologisch und ökonomisch nicht leisten, eine zusätzliche Weginfrastruktur, exklusiv für Bikende zu erstellen. Die Nutzung der bestehenden Infrastruktur durch alle Erholungssuchenden muss das Ziel sein und ist mit gegenseitiger Rücksichtnahme möglich.
HansPeter Hürlimann (HPH), Verein Luzerner Wanderwege: Wandernde sowie MTB – Fahrerinnen und Fahrer haben eine Vielzahl von gemeinsamen Interessen: Naturerlebnis, Erholung, Zusammensein, Genuss, sportliche Herausforderung. Ein grosser Teil der Wege lässt bereits heute eine gemeinsame Nutzung zu, wenn beide Seiten rücksichtsvoll und tolerant sind.
CM: Was antworten Sie verärgerten Wandernden und Mountainbikenden, wenn Sie sich über die jeweils andere Partei aufregen?
AS: Probiert es mit einem Lächeln.
HPH: Beidseits gibt es leider Personen, die sich nicht korrekt verhalten. Es kann und darf nicht sein, dass ein kleiner Teil das Ziel der gemeinsamen Nutzung der Wege gefährdet. Und es braucht auch noch Zeit, dass sich beide Gruppen aufeinander einstellen und alle Regeln beachten.
CM: Wer hat denn rechtlich «Vortritt» bei einem gemeinsam genutzten Weg?
AS: Fussgänger:innen haben gegenüber Fahrradfahrenden immer Vortritt, doch kann es auch sein, einen Bikenden passieren zu lassen, nachdem dieser sein Tempo der Situation angepasst hat. Hier gilt für den Mountainbiker, die Mountainbikerin, Fussgänger maximal mit der doppelten Geschwindigkeit zu passieren.
HPH: Es bringt aber nichts, diesen Vortritt auf Biegen und Brechen durchzusetzen. Je nach Situation macht es Sinn kurz anzuhalten und einen kleinen Schritt zur Seite zu gehen, was oft problemlos möglich ist.
CM: Wie ist die aktuelle Rechtslage: Darf man aktuell im Wald biken, abgesehen von speziellen Bike Trails?
HPH: Im Kanton Luzern ist Biken im Wald auf bekiesten Wegen sowie auf Strecken, welche als Bikeweg signalisiert sind, erlaubt. Biken quer durch den Wald ist nicht erlaubt.
TIPPS FÜR EINE KONFLIKTFREIE BEGEGNUNG AUF DEN WANDERWEGEN
Einsicht: Respektieren Sie andere Nutzergruppen als gleichwertig. Mountainbikende haben genauso das Recht, Wanderwege zu nutzen wie Wandernde (wo nicht anders markiert). Im Gegenzug berücksichtigen Bikende die Wandernden als langsamere, schwächere Nutzergruppe.
Voraussicht: Schauen Sie als Biker, Bikerin voraus und machen Sie sich frühzeitig bei Wandernden auf eine positive Art bemerkbar. So erschrecken Wandernde nicht und können sich rechtzeitig auf das Kreuzen einstellen. Ausserdem: Freundlichkeit steckt fast immer an.
Rücksicht: Mountainbikende reduzieren frühzeitig ihr Tempo und passieren Wandernde maximal mit der doppelten Geschwindigkeit von Fussgänger:innen. Je nach Weg und Situation ist ein kurzes Absteigen vom Bike angebracht. Wandernde stehen einen Schritt zur Seite, wenn ein problemloses Kreuzen nicht möglich ist.
Nachsicht: Regen Sie sich nicht auf, sollten Sie auf jemanden treffen, welcher diese Tipps nicht zu Herzen nimmt. Er oder sie gehört zum Glück zu einer kleinen Minderheit.
Brunos Mission des Tages lautet, zusammen mit Beat die neue Etappe des Emmenuferwegs vom Brienzer Rothorn bis Sörenberg zu signalisieren. Die bis dato lokale Route Nr. 527 führt von Sörenberg via Schüpfheim und Wolhusen nach Emmenbrücke. 2023 wird eine vierte Etappe ergänzt, um den eindrücklichen Emmensprung in die Wanderroute einzubinden. Die Waldemme entspringt etwa 225 Höhenmeter oberhalb von Sörenberg, an der Nordseite des «höchsten Luzerners». Somit ergibt sich daraus eine regionale Route, die Nummer 83.
Die Strecke von Sörenberg durch die Lammschlucht, entlang der Kleinen Emme bis zum Ziel Bahnhof Emmenbrücke – kurz vor der Mündung der Emme in die Reuss – hat Bruno bereits im Frühling mit neuen Klebern umsignalisiert. Für den passionierten Langstreckenläufer ein Vergnügen. «Die Landschaft ändert sich auf jeder Etappe. Oft wandert man sehr nah am Wasser und erlebt die Natur aus anderem Blick», erzählt Bruno. Im Fünfjahresturnus kontrolliert er alle SchweizMobil Routen, welche durch den Kanton Luzern verlaufen. Das sind einige, wie ein Blick auf die Karte zeigt. Seine Spezialeinsätze ergänzen die jährlichen Kontrollgänge der insgesamt 35 Bezirksleiter:innen der Luzerner Wanderwege, welche die Hauptsignalisation betreffen.
Emmenuferweg Nr. 83
Fotos: Ramona Fischer
Herausforderung Grenzwanderwege
«Bruno ist die ideale Besetzung für diesen Job», sagt Geschäftsleiter Andreas Lehmann. Dem ehemaligen Gebäudeversicherer müsse er keine Aufgabe zweimal erklären. Genauso wie bei Vorgänger Peter Pfister. Grenzwanderwege wie die Etappe am Brienzer Rothorn stellen eine Herausforderung dar, da die Geschäftsstelle nicht immer über alle (aktuellen) Daten zu den Wegweiserstandorten der Nachbarkantone verfügt. Besonders wichtig sind lokale Ansprechpartner wie Beat Felder in Sörenberg, welcher alle Beteiligten und jeden Winkel der Gemeinde Flühli kennt. Zudem meldet Beat, wenn plötzlich ein Richtungszeiger fehlt, ein Wegweiser beschädigt oder während Bauarbeiten* temporär verschoben wurde.
Auf dem Weg vom Eiseesattel zur Bergstation der Rothornbahn packt Bruno noch dreimal Richtungszeiger, Briden, Klötzli, Schraubenzieher und Putzmaterial aus seinem Rucksack. Mit einem Lachen im Gesicht macht er sich an die Montage und erklärt vorbeigehenden Wandernden seinen Einsatz. Noch ein prüfender Blick auf die Wegweiseranordnung und -ausrichtung, dann geht es zu Fuss zurück zum Ausgangspunkt. Beim Abstieg bleibt Zeit, um die Aussicht zu geniessen und seine ehrenamtliche Tätigkeit zu reflektieren. «Ein sehr spannender Auftrag, weil ich die schönsten Wanderwege im ganzen Kanton Luzern kennenlerne und mit den jeweiligen Bezirksleitern direkt zusammenarbeite», sagt Bruno, Luzerns Mr. SchweizMobil.
Bleibt noch eine Frage offen: Welche Wanderwege werden als SchweizMobil Routen ausgezeichnet? Dies bestimmt die Stiftung SchweizMobil zusammen mit den Tourismusregionen und Wanderwegfachorganisationen, entsprechend einem Katalog von Qualitätskriterien. Ziel ist, landschaftliche, historische oder thematische Besonderheiten entlang möglichst naturnaher Wege zu beschildern. So, dass sich Wandernde ohne weitere Hilfsmittel orientieren können. Bei Interesse finden sich im Web sowie in der App viele Zusatzinformationen.
Text und Fotos: Ramona Fischer
*Auf dem Brienzer Rothorn finden im Sommer 2023 Umbauarbeiten für die neue Luftseilbahn statt. Aufgrund dessen ist die Luftseilbahn, die Sesselbahn Eisee, das Berghaus Eisee und das Gipfel-Restaurant Rothorn im Sommer 2023 geschlossen.
Bruno (links) und Beat Felder montieren die neuen Richtungszeiger am Eisee.
Ohne App ans Wanderziel
Mittlerweile gibt es zahllose Apps, die einem das Wandern erleichtern. Zugegeben, auch ich nutze gerne swisstopo oder SchweizMobil für die Planung und checke die ÖV-Fahrpläne auf meinem Smartphone. Aber eigentlich ist doch Wandern pures Naturvergnügen. Bildschirm aus und loslaufen. Damit man sich nicht verirrt, gibt es bekanntlich die gelben Wegweiser.
Einfach den Wegweisern folgen – klingt simpel und ist es auch. Dahinter steckt ein ausgeklügeltes System. Die durchgehende Signalisation wird mit Zwischenmarkierungen erreicht: Gelbe Rhomben bei einem einfachen Wanderweg, weiss-rot-weisse Markierungen bei Bergwanderwegen und weiss-blau-weisse Streifen bei Alpinwanderwegen. Doch Hand aufs Herz, hast du dich nicht trotzdem schon einmal verlaufen? Und dir dabei gedacht, wer denn die Wegweiser falsch ausgerichtet oder die Markierung vergessen hat?
Die neuen Bezirksleiter Menzberg, Josef Müller und Werner Wicki, im Einsatz.
Andreas' Mission
Abgesehen von mutwilligen Aktionen ist im Kanton Luzern der Verein Luzerner Wanderwege für die Signalisation verantwortlich. 35 sogenannte Bezirksleiter:innen kümmern sich ehrenamtlich um die Markierung der 2750 Kilometer Wanderwege. Einige schon seit vielen Jahren wie Erwin Vogel (Bezirk Hergiswil) oder Franz Lustenberger (Romoos), Josef Müller und Werner Wicki seit Kurzem im Bezirk Menzberg. Diese vier werden nun von Geschäftsleiter Andreas Lehmann zum «Kontrollgang» in der Region Willisau gebeten. Alle zwei Jahre müssen Franz und Co. zu dieser internen Weiterbildung antraben. Denn dass Wandernde ohne Karte und App zielsicher ankommen, das ist Andreas’ Mission.
Frischer Anstrich
Natürlich gibt es Handbücher – schweizweit gültig und bis ins kleinste Detail beschrieben, mit Lösungen für etwelche Sonderfälle. «Trotzdem ist es kein Selbstläufer», weiss Andreas Lehmann aus bald zehn Jahren Erfahrung: «Eine klare Bestätigung in Sichtweite von jedem Wegweiserspitz ist Pflicht.» So verläuft man sich auch nicht, wenn mal ein Wegweiser gedreht wurde oder plötzlich ein Richtungszeiger inkl. Stange fehlt. Ja, das kommt vor…
Die Begehung von Hergiswil über Lindenegg und Mörisegg nach Willisau zeigt, dass trotz minutiöser Betrachtung jeder Verzweigung solche Rhomben zur Bestätigung manchmal vergessen gehen. «Betriebsblindheit», kommentiert Erwin die Lücke und spielt den Ball an die zwei «Neuen» weiter. Josef und Werner greifen motiviert zu Klebeband, Pinsel und Farbe. Kurze Zeit später leuchtet die frische gelbe Raute am Baumstamm und erspart Wandernden künftig den Kontrollblick auf die (digitale) Karte.
Weiterbildung Bezirksleiter Region Willisau
Fotos: Ramona Fischer
Alles für dein Wandererlebnis
Angeregte Fachgespräche prägen diese Weiterbildungstour. Zu ernsthaften Diskussionen kommt es hingegen selten. Erwin hat seinen Bezirk im Griff und beherrscht auch die Kunst der richtigen Anordnung von Wegweisern ohne «Zahnlücken» und ohne verdeckte Schilder. Nicht zwingend relevant, damit wir unsere Wanderroute problemlos finden. Ungeübten Augen fallen allfällige Unstimmigkeiten vermutlich kaum auf, unseren Profis schon. Eine saubere, einheitliche Visitenkarte der Wanderwege liegt ihnen am Herzen und ist komfortabel für den Betrachtenden. Darum geht es dem Luzerner Verein auch – das komplette Wandererlebnis zählt. Dafür investieren die ehrenamtlichen Mitarbeitenden viele Stunden ihrer Freizeit und stellen sich gerne der Überprüfung durch den «Chef». Bestanden, würde ich sagen.
Text: Ramona Fischer, Luzerner Wanderwege
Erschienen im Blog Luzern-Vierwaldstättersee Tourismus, Region Willisau
Ehemaliger Gemeinderat
Erich Leuenberger trägt jetzt Gelb
Richi wird er in ‘seinem Nebike’ genannt. Im Restaurant. Am Wegesrand. Durchs Autofenster. Jeder kennt ihn, den ehemaligen Gemeinderat und Kantonsrat Erich Leuenberger. «Ich mag Menschen, bin kommunikativ und auch nach meinem Rücktritt aus der Politik engagiert», sagt Erich über sich. Und doch fehlte ihm nach der Pensionierung eine Aufgabe neben seinen Tätigkeiten in den lokalen Vereinen, Verbänden und Gremien. Das verriet seine Frau Regina dem Geschäftsleiter der Luzerner Wanderwege, Andreas Lehmann, beim ersten Telefongespräch. Einige Wochen später erinnern sie sich schmunzelnd an dieses spezielle Kennenlernen. «Geben Sie ihm den Job, dann kommt er wieder aus dem Haus», bat sie Andreas damals unverblümt.
Nun sitzen Andreas und Erich im Wohnzimmer der Leuenbergers, über eine Karte mit farbigen Linien gebeugt. Sie zeigt den Bezirk «Santeberg» mit seinen Wanderwegen, differenziert nach Belagseignung, ergänzt mit Bezirks- und Gemeindegrenzen. Daneben liegt ein Ordner mit Anwendungshilfen, Formularen für jeden einzelnen Wegweiserstandort, Detailkarten, Materiallisten und dem Arbeitsrapport. Erich übernimmt die Aufgabe als Bezirksleiter von Konrad Roos, welcher elf Jahre für eine saubere und lückenlose Wanderweg-Signalisation sorgte. «Ich bin beeindruckt, wie professionell der Verein organisiert ist und in welchem top Zustand ich den Bezirk von Konrad übernehmen darf», sagt Erich. Schon vor seiner heutigen, offiziellen Einführung hat er sich informiert. Die gewissenhafte Arbeitsweise ist ihm zu eigen.
Andreas Lehmann (l.), Geschäftsleiter und technischer Leiter der Luzerner Wanderwege, zeigt Erich Leuenberger die Wanderwegkarte des Bezirks Santeberg.
Normalerweise gibt es ein bis zwei Wechsel pro Jahr bei den ehrenamtlichen Mitarbeitenden: «Die Neubesetzungen erfolgen oftmals über Empfehlungen. Wir suchen motivierte, regional gut vernetze Leute. Sie pflegen die Visitenkarte des Vereins und prägen damit unser Image. Zudem fungieren sie bei der Arbeit als direkten Kontakt zu Wegbenutzer*innen, manchmal auch zu Grundstückbesitzer*innen oder den Gemeinden. Freundliche Gespräche können Konflikte vorbeugen oder frühzeitig beheben», sagt Andreas Lehmann. Erich sei auch deshalb ein idealer Kandidat: «Mir scheint, er kennt jeden Winkel und jedes Strässchen. Er weiss bestimmt, wo anklopfen, falls es mal nötig wäre.»
Ein Formular für jeden Wegweiser
Die interne Schulung umfasst einen Tag mit Andreas, in seiner Funktion als technischer Leiter.1 Zwei Themen stehen auf dem Tagesprogramm: Erstens einige Wegweiserstandorte anhand der Karte ausmachen, im Ordner das zugehörige Formular finden und die Signalisation auf ihre Korrektheit überprüfen. Zweitens einen Wanderweg ablaufen und auf Zwischenmarkierungen überprüfen.
1 Zusätzlich besucht Erich als neuer Bezirksleiter einen zweitägigen Kurs der Schweizer Wanderwege, um die Richtlinien, Arbeiten und Kontrollen nochmals vertieft zu studieren und üben. Alle zwei Jahre führt Andreas eine Weiterbildung mit je zwei bis drei Bezirksleiter*innen durch (auf dieser Seite hinunterscrollen zum Artikel «Der Perfektion auf den Fersen»). Eine Tagung mit allen 35 Bezirksleiter*innen findet jährlich statt.
Andreas (l.) und Erich mit einem Wegweiserformular im Wauwilermoos.
Die Sache mit den Wegweiserformularen sieht auf den ersten Blick ganz einfach aus. Die Standorte werden auf der Geschäftsstelle in der Fachapplikation erfasst, das Programm filtert die Wanderrouten, welche an dieser Stelle vorbeiführen und spuckt Vorschaubilder der Wegweiser aus. Eine manuelle Prüfung ist nötig, um allfällige Doppelspurigkeiten oder überflüssige Zwischenziele zu entfernen. Anschliessend ist die exakte Position der Stange sowie die Anordnung der Wegweiser dargestellt. «Die korrekte Anordnung ist eine Wissenschaft. Daran erkennt man die Handschrift des Profis», erklärt Andreas und bemerkt stolz, dass dies im Wauwilermoos der Fall ist.
Das Prinzip ist einfach: Jeder Wegweiser soll lesbar, keiner verdeckt sein. «Man kann sich das mit einem offenen Buch vorstellen: Die oberste Tafel zeigt zum Betrachtenden, danach fächern sich die Schilder mit zunehmendem Winkel auf», demonstriert Andreas. Die unterste Tafel soll 2.20 Meter über Grund hängen. Ein kleiner Spalt zwischen den Schildern erleichtert das Putzen. Konzentriert vergleicht Erich die Skizze auf dem Papier mit dem Original im Gelände. Alles klar soweit, sagt sein Gesichtsausdruck. Nach weiteren drei Standorten wirkt der Neo-Bezirksleiter bereits routiniert. Die echte Prüfung steht ihm noch bevor. Dann nämlich, wenn ein Standort in seinem Bezirk versetzt oder verändert wird.
Andreas ist mit der Anordnung der Schilder zufrieden.
Vorerst tauchen neue Fragen auf: Wer bestimmt eigentlich die Ziele auf den Wegweisern und wie werden die Zeiten berechnet? Andreas erklärt: «Das sogenannte Wanderweg-Basisnetz erstreckt sich über den gesamten Kanton. Die Routenplanung entstand ähnlich wie ein Busfahrplan. Von A nach E hält der Bus an den Haltestellen B, C und D. Dies sind wichtige Dörfer, sie werden als Zwischenziele auf den Wegweisern notiert. An der Haltestelle B taucht der Name von ‘B’ auf dem Wegweiser in dem weissen Standortfeld auf, darunter folgen die Zwischenziele C und D und das Ziel E. Manchmal figurieren auch grössere Verzweigungen oder Flurnamen als Zwischenziele.
Im Verlaufe der Jahrzehnte ergeben sich Änderungen von Bezeichnungen. In solchen Fällen müssen sämtliche Standorte auf der Strecke A bis E und eventuell querenden Routen angepasst werden. Die Datenverwaltung, Planung und Bestellung neuer Tafeln obliegen den Luzerner Wanderwegen.
Bei Zeitangaben können vereinzelt noch unterschiedliche Angaben auftreten. Früher wurde die Wanderzeit basierend auf Distanz und Höhenunterschiede manuell berechnet, heute liefert ein topografisches Landschaftsmodell die Zeiten automatisiert. Die Differenzen bewegen sich im Rahmen von 10-15%.»
Die Inspektion der Wegweiser-Standorte findet zu Fuss statt.
Der «überrhombierte» Santeberg
Am Nachmittag widmet sich das Duo dem Thema Zwischenmarkierungen. Auf einer Runde über den Santeberg erzählt Erich, dass er eine Parzelle Wald besitze und er das Wandern vor allem zur Naherholung geniesse. Perfekte Voraussetzung, um jährlich alle Wege in seinem Bezirk einmal abzuschreiten. Allfällige Schäden am Weg meldet er der betreffenden Gemeinde, welche für den Unterhalt zuständig ist.
Am Ausgangspunkt fällt auf, dass unter den gewöhnlichen Wanderwegschildern kleine Richtungszeiger mit der Nummer 7 in einem grünen Quadrat hängen. Die ViaGottardo, eine nationale SchweizMobil-Route von Basel nach Chiasso führt hier entlang. Nach einem Wegweiser soll in Sichtweite oder nach rund 30 Metern eine Bestätigung sichtbar sein. Sie dient zur Sicherheit, falls ein Wegweiser verdreht wurde. Meistens können Rhomben (oder die weiss-rot-weisse Markierung bei Bergwanderwegen) an Bäume gemalt, seltener Blechrhomben an abgestorbene Baumstrunke genagelt werden. Dasselbe gilt bei jeder Verzweigung, wo der weitere Verlauf des Wanderwegs unklar ist. An solchen Stellen kommen auch Richtungszeiger (kleine gelbe Wegweiser mit einem Piktogramm eines Wandernden) zum Einsatz.
An diesem Standort ist die Anordnung komplexer. Andreas (r.) demonstriert das Prinzip «offenes Buch».
Routiniert scannt Andreas bei jedem Standort alle Richtungen und fragt Erich ab. Das spielerische Lernen funktioniert. Bald geht Erich zügig einen halben Schritt voraus und diktiert seine Beobachtungen. Zum Leidwesen der Fotografin fehlt kein einziger Rhombus. Sie befürchtet sogar, ohne Fotos der Markierungsarbeit nach Hause zu müssen. «Streckenweise sind diese Wege überrhombiert», meint Erich und begründet seinen Eindruck damit, dass es auf einer Forststrasse ohne Abzweigung bis zum nächsten Wegweiser keine Zeichen brauche. Da müsse man sich schon mutwillig ins Dickicht begeben und absichtlich verlaufen. Andreas stimmt ihm zu: «Lieber wenig, dafür eindeutig markieren», sei das Credo. Sie beschliessen gemeinsam, einige Rhomben der natürlichen Verwitterung zu überlassen oder zu übermalen und nicht mehr nachzubessern. In Gedanken notiert sich Erich, einen durch Baumsturz verkrümmten Richtungszeiger zu ersetzen und ein auf der falschen Seite der Stange montierter Wegweiser umzuschrauben. Zufrieden machen sich die Männer auf den Rückweg.
Dann kommt sie doch noch. Kurz vor dem Ziel. Die Stelle, wo eine Bestätigung fehlt. Erichs erster selbstgemalter Rhombus, welcher er seinen Kollegen der Männerriege beim nächsten Ausflug in die Waldhütte stolz zeigen wird. Die Buche mit seiner glatten Rinde eignet sich optimal. Die Konturen eines Blechrhombus werden mit Klebband auf den Baumstamm übertragen, ungefähr auf Sichthöhe, frontal. Dann vorsichtig die gelbe Farbe auftragen, nur so viel wie nötig, um keine Krokodilsträne zu provozieren. Klebeband entfernen und fertig.
«Ich freue mich und bin zuversichtlich, die Arbeit von Konrad tadellos weiterzuführen», sagt Erich und verstaut den neuen Werkzeugrucksack mit Ordner, Farbe und Pinsel im Auto. Sein Blick ist nun geschärft, der Tatendrang gross. Mit dem gelben Wegweiser auf der Brust werden viele weitere Kontrollgänge folgen.
Text und Bilder: Ramona Fischer
Der Bericht erschien auch im Magazin WANDERN.CH 4/2022
Erich malt seinen ersten Rhombus und ist sichtlich zufrieden mit dem Resultat.
Einführung BL Erich Leuenberger
Fotos: Ramona Fischer
Bezirksleiter Willi Trüb in der BauernZeitung
Portrait Bezirksleiter Konrad Roos im Willisauer Bote
Änderungen in den digitalen Kartengrundlagen: Wie geht das?
Wanderwege können aus verschiedenen Gründen temporär gesperrt werden. Diese Abschnitte erscheinen auf der Seite Gesperrte Wanderwege. Eine Umleitung wird in diesem «Layer» digital angezeigt und draussen mit Hinweisschildern signalisiert.
Aber was passiert bei einer dauerhaften Änderung im Wanderwegnetz oder wenn ein neuer Wanderwegabschnitt entsteht?
Beispiel Ansicht Wanderwegnetz in der Fachapplikation: Grün-gelb = Wanderwege, schwarze Kreise mit Dreieck = Wegweiserstandort. Grösseres Bild folgt unten.
Geschäftsleiter Andreas Lehmann erklärt, wie solche Änderungen im Kanton Luzern erfasst werden und Eingang in die Kartengrundlagen des Bundes und des Kantons finden.
Die Luzerner Wanderwege erfassen Änderungen auf der Geschäftsstelle in der sogenannten Fachapplikation Langsamverkehr. In der Fachapplikation werden die Wege, Routen und Wegweiserstandorte verwaltet. Auch neue Wege, welche es bisher nicht gab, können von uns gezeichnet werden. Eine Wanderroute kann anschliessend über einen neuen Weg geführt werden.
Bis zu einem Jahr verzögert
Die Luzerner Wanderwege sind «nur» für Wege zuständig, welche als Wanderweg dienen. Swisstopo übernimmt einmal im Jahr das Wegnetz aus der Fachapplikation. Neue Wege werden einer Plausibilitätsüberprüfung unterzogen. «Einfach so» können keine neuen Wege gezeichnet oder gelöscht werden.
Ebenfalls aktualisiert der Kanton Luzern einmal im Jahr die Daten über das Wanderwegnetz. Auch hier erfolgt eine Datenüberprüfung gemeinsam mit den Luzerner Wanderwegen.
Die Änderungen am Wanderwegnetz werden nicht sofort sichtbar sondern es kann bis zu einem Jahr dauern, bis die Änderungen auf den digitalen Kartenportalen erscheinen.
Oben: Beispiel der Darstellung einer Wanderroute von Hellbühl nach Buttisholz (orange mit weissen Pfeilen). Unten: Beispiel eines neu gezeichneten Weges (grau gestrichelt). Auf diesen neuen Weg kann nun eine Wanderwegverbindung «gelegt» werden.
Sehr exakte Datenpflege nötig
Die Daten zur Wegführung sind inzwischen sehr genau, was für die Wandernden ein grosser Vorteil ist. Gleichzeitig müssen die Daten aber auch sehr genau eingegeben werden, da bereits geringfügige Abweichungen (zum Beispiel bei einem schmalen Trampelpfad und dem darauf geführten Wanderweg) zu Fehlermeldungen führen. Auch Wege in weglosem Gebiet (meist Bergwanderwege) müssen genau erfasst werden, obwohl sie in der Realität (zum Beispiel über eine Weide) nur als Wegspur erkennbar und im Luftbild nicht sichtbar sind.
Oben: Beispiel auf den Karten eingezeichneter Bergwanderweg über Weide (rot) im Luftbild. Unten: Darstellung im Luftbild ohne Layer Wanderwege. Der Weg ist im Luftbild nicht sichtbar, existiert aber als markierte Spur in der Realität.
Der Vogel von Willisau
Es gibt viele Vögel in Willisau. Aber nur einen Erwin Vogel – unser Leiter im Bezirk Hergiswil. Woher er kommt, kann man in seiner Familienforschung «Die Vogel von Willisau und vom Menzberg» nachlesen. Welchen Spuren er nachgeht und welche er verwischt, erfährt man hier.
«Schon wieder Spinnweben», bemerkt Erwin. Vor wenigen Tagen erst geputzt und doch könnte man bereits von vorne beginnen. Aber dann wird man bekanntlich nie fertig. Genauso wie beim Küchenfenster verhält es sich mit Wegweisern. Gegenstand unserer Inspektion ist ein gelber Richtungszeiger am Waldrand südlich von Willisau. Ganz in der Nähe wohnt Erwin Vogel, Bezirksleiter von Hergiswil bei Willisau. Sein Gebiet, welches er im Ehrenamt für den Verein Luzerner Wanderwege pflegt, reicht von seiner Haustüre bis hoch zum Napf.
Erwins Vorbereitung auf unser Treffen war nicht umsonst. Abgesehen von ein paar Spinnweben glänzen die Schilder wie neu. Jedes einzeln poliert mit Wasser und Lappen. Alle Spuren von Vögeln und Blütenstaub beseitigt. Das leuchtende Gelb vor dem frühlingshaften Grün des Jungwaldes erfreut unser Blick. Das sonnige Wetter lockt viele Menschen nach draussen. «Dank der speziellen Corona-Situation sind noch mehr Wanderer unterwegs», berichtet Erwin. In vielen Medien war die Rede von ‘Dichtestress’, Problemen mit Bauern oder Grundstückbesitzern sowie Konflikte mit Tieren. «Davon habe ich hier nichts gehört», verneint Erwin und ergänzt: «Es ist doch schön, wenn die Leute die Natur geniessen. Wir leben hier privilegiert, umgeben von Wald und mit toller Aussicht in die Berge. Die Wandernden schätzen das und verhalten sich respektvoll.»
Erwin muss es wissen, steht er doch im Kontakt mit vielen Anwohnern und Grundstückbesitzern entlang ‘seinem’ Wegnetz. So kennt er beinahe jede Bauernfamilie in der Umgebung. Nicht erst seit seiner Pensionierung betreibt er Ahnenforschung. «Schon als Bub hat mich Geschichte interessiert. Später begann ich, viele Menschen aus der Region zu interviewen. Ich höre gerne Geschichten von früher, schaue mir Karten und Bilder von Liegenschaften an.» Resultat war nicht nur ein begehrtes, fast 500 Seiten umfassendes Buch über «Die Vogel von Willisau und vom Menzberg», sondern auch ein Bildband mit Dias und Fotos seines Vaters. «Er war begnadeter Hobbyfotograf und hat unzählige Aufnahmen von hohem kulturellem Wert für die Region hinterlassen. Die Auswahl und Digitalisierung waren sehr aufwändig aber enorm spannend.»
Erwin Vogel poliert die Wegweiser und erneuert die Markierungen im Bezirk Hergiswil bei Willisau.
Ein Gesicht für unser Engagement
Während Erwin von seinen verschiedenen Projekten erzählt, wandern wir auf weichen Waldwegen Richtung Vorberg. Begleitet vom Zwitschern der Vögel im Angesicht der Abendsonne. Fasziniert lauschen wir dem Treiben über uns und beobachten die Szenerie. «Die Natur belohnt mich für die Arbeit. Frühmorgens gehe ich am liebsten raus», antwortet Erwin auf meine Frage, was ihn nach neun Jahren als Bezirksleiter noch immer motiviert. Das Thema Wandern habe in seiner Familie einen hohen Stellenwert, denn seine Frau war viele Jahre als Wanderleiterin für den Verein tätig. Da unterhalte man sich auch mal über Wegführung oder Markierungen. Als Beobachterin stelle ich fest: So akribisch wie Erwin seiner Leidenschaft für die Historik nachgeht, pflegt er auch die Signalisation der Wanderwege. «Früher habe ich oft Mängel oder Schäden ausserhalb meines Bezirks gemeldet. Heute lasse ich die Fünf auch mal gerade sein. Immerhin arbeiten fast alle im Verein ehrenamtlich. Da kann nicht alles perfekt sein. Aber mein Anspruch ist es schon», betont der Willisauer.
Selbstverständlich hält er auf Karten und Tabellen die wichtigsten Wegweiser, Rhomben und Richtungszeiger fest, welche geputzt oder frisch bemalt wurden. «Schon nach zwei Jahren sieht ein Rhombus auf einer Rinde anders aus. Die Bäume leben, sie verändern sich ständig.» Vorbeigehende Wanderer zeigten sich immer wieder begeistert, wie sorgfältig er sich um die Bemalung kümmere und mit welchem Arsenal an Pinseln er zu Werke gehe. 16 Kilogramm wiege die gesamte Ausrüstung inklusive Farbe, Werkzeuge, Informationsbroschüren und einer Leiter. «Zum Glück brauche ich nicht immer alles. Schwer beladen bin ich natürlich langsam unterwegs, habe dafür Gelegenheit, mich mit Vorbeigehenden zu unterhalten. Am liebsten spreche ich über Ausflugsideen. Mir schweben einige neue Routen vor.» Sagt’s und zeigt Richtung Horizont, wo sein Tipp für den Frühling verläuft: Von Willisau auf den Menzberg, vorbei am wilden Eglibach vielleicht mit einer Pause im Restaurant in der Rohrmatt. Weiter geht’s entlang der Buechwigger hoch zum Ober Alpetli und zur Alp Oberlehn. Schritt für Schritt eröffnet sich einem das herrliche Alpenpanorama. Ziel ist Dorf Menzberg mit Bus Anschluss. Hier finden Sie den Wandervorschlag.
Wer im Sommer in der Region Willisau wandern geht, hält vielleicht die neue Wanderkarte von Willisau Tourismus in der Hand. Sie erscheint im Juni und zeigt unter anderem Erwin bei seiner Arbeit. «Ich gebe damit unserem Engagement ein Gesicht, möchte aber betonen, dass die gute Zusammenarbeit mit meinen Kollegen der Nachbarbezirke unerlässlich ist. Das Gebiet ist gross und wir möchten lückenlos schöne und sauber signalisierte Wege bieten.» Dafür setzt sich Erwin während der Wandersaison wöchentlich für einige Stunden ein. Um den Vogel von Willisau zu treffen, folgen Sie einfach den leuchtenden, gelben Markierungen.
Text und Bilder: Ramona Fischer
Mit Sorgfalt und feinen Pinseln gelingt der perfekte Rhombus.
Der Perfektion auf den Fersen
Eine Begehung mit Kurt, Sepp und Andreas
Sie steht an erster Stelle, prägt das Leitbild und wird gerne in die landesweite Öffentlichkeit getragen. Die Rede ist nicht etwa von der Sendung SRF bi de Lüt - Wunderland mit Nik Hartmann. Auch nicht von der Grand Tour of Switzerland, der panoramareichen Route durch unser Land. Nein, die Rede ist von der Signalisation unserer Wanderwege. Beim Verein Luzerner Wanderwege gehört diese zu den wichtigsten Aufgaben. «Für meine rund 70 Kilometer Wegnetz bin ich ziemlich oft unterwegs. Aber es ist wunderschön hier und ich mache diese Arbeit sehr gerne», sagt Kurt Portmann. Er ist Bezirksleiter in Hasle und gemeinsam mit Sepp Emmenegger vom Bezirk Schüpfheim an einer Weiterbildungs-Begehung in Heiligkreuz dabei. Geleitet wird sie von Andreas Lehmann, Geschäftsführer und technischer Leiter der Luzerner Wanderwege. Er sagt zum bevorstehenden Morgen: «Solche Treffen sind sehr wertvoll für uns. Wir machen sie in einem Zweijahresturnus mit jeweils zwei bis vier Bezirksleiter. Wenn möglich, begehen wir eine Strecke, die sowieso schon zu reden gibt. Wie zum Beispiel hier mit einem Fussweg, der allfällig anders markiert werden soll und dann nicht mehr zum Wanderwegnetz gehört. Gemeinsam vor Ort finden wir schnell Lösungen und Optimierungsideen.»
Es solle auf keinen Fall als Kontrollgang oder gar «Polizeibesuch» aufgefasst werden, stellt Andreas klar. Dennoch spüre ich als unbeteiligte Beobachterin zu Beginn eine gewisse Nervosität bei Kurt. Er habe nach Bekanntgabe des Termins absichtlich nichts mehr angerührt. Eine sanfte Vorwarnung, dass ein paar Dinge nicht in Ordnung sind? «Die Bezirksleiter arbeiten als freiwillige Helfer für unseren Verein. Da steckt viel Herzblut dahinter. Aber es ist klar, dass diese Männer und Frauen auch noch andere Jobs und Verpflichtungen haben. Nicht alles kann sofort oder immer blitzsauber erledigt werden», so Andreas. Seine Wertschätzung gegenüber der geleisteten Arbeit ist gross und widerspiegelt sich in der gewählten Kommunikation. Bestimmt aber auch mit einer Prise Humor trifft er die goldene Mitte zwischen Lob und Tadel. Man versteht sich.
Am Ausgangspunkt in Heiligkreuz: Andreas Lehmann, Kurt Portmann und Sepp Emmenegger (oben v. l.). Mit Handy und Karte geht es los.
Die Krux mit der Bestätigung
Unser Rundweg über die unter Einheimischen bekannte 'kleine First' zum Berggasthaus First und zurück über die Reistegg verbindet die Nachbarbezirke Hasle und Schüpfheim. Kurt und Sepp erkundigen sich gegenseitig über ihre Art der Signalisation. Vor allem die sogenannte Bestätigung nach einem Standortwegweiser gibt zu reden. Damit ist ein Zeichen im direkten Sichtfeld des Wanderers gemeint, dass er vom Ort des Wegweisers den richtigen Weg einschlägt. «Hier ist ja klar, dass man einfach dem Pfad folgt. Man läuft ja nicht plötzlich quer in die Wiese rein», argumentiert Kurt unterwegs an einer besagten Stelle. Andreas entgegnet: «Du hast recht und trotzdem wäre ein Rhombus gut für den Fall, dass jemand mutwillig am Wegweiser dreht und die Fortsetzung des Weges nicht mehr logisch ist.»
Für solche Situationen gibt es ein Handbuch des Dachverbandes Schweizer Wanderwege. Es enthält klare Richtlinien wie eine lückenlose Signalisation auszusehen hat. «Daran halten wir uns. Das ist unser Anspruch. An einer Verzweigung muss man ohne Karte wissen, wie man zum gewünschten Ziel kommt. Aber manchmal müssen einige Stellen separat betrachtet werden», so Andreas. Gäbe es beispielsweise keine Möglichkeit, eine Markierung zu malen oder einen Rhombus zu befestigen, könne man dem Bauern nicht einfach eine Stange ins Land stellen. Da sind Erfahrung, Gebietskenntnis und Fingerspitzengefühl gefragt. «Ich bin stolz auf unser Bezirksleiter-Team. Sie werden selber kreativ und teilen ihre Ideen untereinander», attestiert der technische Leiter. Zum Beispiel wie und wo man einen verkrümmten Wegweiser wieder geradebiegen kann. Einen solchen finden wir kurz unterhalb des Berggasthauses. Es scheint, als wollte jemand die Tragkraft des Schildes testen. Unverständlich und dumm erscheint mir diese mutwillige Beschädigung. «Eine doppelseitig bedruckte Tafel kostet rund 180 Franken», weiss Kurt. Dazu kommt das Material zur Befestigung. Meistens entstehen Schäden allerdings durch Kollisionen mit Fahrzeugen, seltener werden sie abgeschraubt oder gar nach Hause genommen.
In der Zwischenzeit hat sich Kurts Nervosität gelegt. Wir haben den Gipfel erreicht, die Sonne schafft kurzzeitig den Durchbruch durch die im August schon herbstlich anmutende Nebeldecke und es ist Zeit für eine Trinkpause. «Man muss sich immer in die auswärtigen Gäste hineinversetzen. Die Einheimischen bräuchten keine Wegweiser», sagt der in Hasle wohnhafte ehemalige Strassenbauer. Und weiter: «Ich überlege mir immer, welche Ziele sie wohl anpeilen. Es hilft, dass ich selber sehr gerne draussen unterwegs bin und die Wanderer antreffe.»
Auf schönen Waldwegen gelangen wir zu einer Lichtung und halten Ausschau nach der nächsten «Bestätigung».
Wie ein offenes Buch
Bisher hat Sepp kaum etwas gesagt. Er kommt mir vor wie der ruhige Pol neben dem kommunikativen Gemüt seines Kollegen. Auch jetzt, wo wir hinunter in «sein Schüpfheimer Hoheitsgebiet» wandern, zeichnet sich keine Aufregung ab. Da es bereits gegen Mittag geht, nehmen wir den kürzeren Weg. Die vielen Stopps zur fotografischen Dokumentation und Diskussion an den Markierungsstandorten brauchen Zeit. Auf dieser Strecke liegen zwar nur wenige Verzweigungen mit kniffligen Wegführungen. Einmal hält Sepp dennoch inne und sagt: «Hier würde ich besser den einen Wegweiser auf der anderen Stangenseite montieren. Wenn man von oben kommt, kann man das Ziel schlecht lesen.» Allerdings zeigt der betreffende Wegweiser nach oben und ist demnach wichtiger für Wanderer von unten. Also alles beim Alten lassen. «Wichtig ist vor allem die vertikale Anordnung. Wir gehen vor wie beim Öffnen eines Buches. Die oberste Tafel zeigt zum Betrachter, danach fächern sich die Schilder mit zunehmendem Winkel auf», erklärt Andreas, der immer auch entsprechende Seiten des Handbuchs griffbereit hat. So ist gewährleistet, dass alle Ziele und Zeiten gelesen werden können. Das Konzept erscheint mir logisch und gleichzeitig habe ich Verständnis, dass bei der Vielzahl an Wegweisern eine falsche Anordnung leicht übersehen werden kann.
Auch im Nebel gut erkennbar: der gelb gemalte Rhombus. Auf beiden Seiten des Ahornstamms selbstverständlich.
Die wichtige Differenzierung
Am Ende resultiert neben einem Protokoll mit zu erledigenden Arbeiten und kleineren Änderungswünschen auch ein konkretes Vorgehen für den möglichen Fussweg. «Wir haben eine gute Strategie. Damit könnten wir unmissverständlich zwischen frei markierten Fuss- und gelb ausgeschilderten Wanderwegen differenzieren. Vor der Umsetzung müssen wir uns allerdings noch mit allen Beteiligten absprechen», sagt Andreas zuversichtlich. Dieser Vormittag ist ein weiterer Schritt in Richtung perfekter Signalisation. Auch wenn wir heute nicht einmal ein Fünftel des Wegnetzes von Sepp und Kurt abgelaufen sind, ist die Weiterbildung gelungen. Gemeinsam mit 31 weiteren Bezirksleiterinnen und Bezirksleiter kümmern sie sich auch um den Rest ihres Gebietes wie um den eigenen Garten. Jährlich werden so die insgesamt 2750 Kilometer Luzerner Wanderwege kontrolliert, gelbe Rhomben oder rot-weisse Markierungen nachgemalt, Schilder geputzt, gerichtet oder ersetzt und die Logik der Wegführung überprüft. Auch mein Blick ist für die nächste Wanderung geschärft und ich freue mich, die schönen Wege und Plätze in Hasle oder Schüpfheim zu besuchen.
Text und Bilder: Ramona Fischer
Auf der Grenze zwischen Hasle und Schüpfheim (oben). Die Wegweiser werden fotografiert und die anstehenden Arbeiten notiert.
Der Mann für alles im Sörenberg
Dass die Wanderwege gepflegt werden, weiss jeder. Und doch weiss keiner, wer dies tut. Im Sörenberg sorgt seit 30 Jahren vor allem einer dafür, dass Wanderer perfekte Bedingungen für ihre Ausflüge vorfinden: Beat Felder.
Ein Mittwochmorgen Anfang Juli. Beat Felder sitzt in einem Restaurant in Sörenberg. Sein Kaffee wird bereits ohne Bestellung serviert. Er strahlt übers ganze Gesicht: „Ich freue mich immer sehr, wenn ich unterwegs Leute treffe und mich mit ihnen unterhalten kann. Es macht mich stolz, dass unsere Gäste auf schönen Wegen wandern können und dies schätzen.“ Dahinter steckt freilich viel Handarbeit. Seit 30 Jahren ist Beat Felder bei Sörenberg Flühli Tourismus angestellt. Früher als ‚Mitarbeiter im Aussendienst‘, heute im sogenannten ‚Werkdienst‘. „Einfach alles ausserhalb vom Büro“, schmunzelt Beat. Darunter fallen im Winter das Präparieren von Loipen, Winterwanderwegen und Schlittelpisten, das Freischaufeln von Bänkli, Gebäuden und Spielplätzen sowie den Fahrzeugunterhalt. Im Sommer sind 500 Stunden für die Wanderwege budgetiert. „Da spielt die Natur eine entscheidende Rolle. In den letzten Jahren hatten wir zum Glück keine Sturmschäden. Ein Unwetter im 108 km2 grossen Gebiet bringt schnell einen Monat mehr Arbeit.“
Obwohl er die neuralgischen Stellen gut kennt, trifft er unterwegs immer wieder Überraschungen an und muss schnell eine Lösung finden. „Die Zusammenarbeit mit den Gemeidearbeitern ist sehr gut und manchmal helfen mir auch Jungs aus dem Dorf. Aber es ist auch schon vorgekommen, dass ich alleine am Berg stand und einen umgekippten Pfosten aufstellen oder einen Brocken aus dem Weg räumen musste.“ Da sind kreative Lösungen im Einklang mit der Natur gefragt. „Am besten ist meine Arbeit, wenn man sie am Ende nicht sieht“, resümiert der gelernte Schreiner und Zimmermann. Mit seinem Jeep voller Werkzeuge kann er zwar viele Forstwege hochfahren, aber dennoch gehören ein paar Stunden laufen mit Material auf dem Rücken dazu. Fit ist der athletische Familienvater alleweil und noch lange nicht müde. „Auch in der Freizeit gehe ich gerne auf Bergtouren. Am liebsten abseits ausgetretener Pfade. Aber auch die Karrenfelder der Schrattenfluh faszinieren mich immer wieder.“
Beat Felder, Bezirksleiter im Sörenberg bei der Arbeit und mit seiner Werkzeugbank im Jeep.
Das Gerüst zum Anlehnen
Ebenfalls seit rund 30 Jahren engagiert sich Beat für den Verein Luzerner Wanderwege als Bezirksleiter. In dieser Zeit hat sich viel verändert. „Die Infrastruktur hat sich stark verbessert. Die Arbeit der Geschäftsstelle am Computer ist enorm. Ich staune immer wieder, wie detailliert jeder einzelne Wegweiser kartografiert und geplant wird. Der Verein gibt mir Sicherheit, ich fühle mich mit meinen Anliegen ernstgenommen. Er ist wie ein Gerüst zum Anlehnen.“ Dieses Gerüst werde es auch in Zukunft brauchen, meint Beat, denn die Ansprüche der Wanderer seien gestiegen. Schön, korrekt signalisiert und sicher sollen die Wege sein. „Früher ist man auch mal ein Stück durch eine sumpfige Wiese gelaufen, das hat einfach dazugehört. Heute muss die Wegqualität lückenlos stimmen.“ Sörenberg Flühli Tourismus steht schliesslich in Konkurrenz zu anderen Destinationen und will schlechte Propaganda tunlichst verhindern. Beat trauert nicht etwa den alten Zeiten nach. Im Gegenteil: „Mir gefällt der Wandel im Verein. Es wird frischer und ich bin stolzer Teil davon. Wenn immer möglich habe ich einen Prospekt dabei und zeige ihn den Leuten unterwegs.“
Saubere Wegweiser sind Beat besonders wichtig.
Der Einklang mit Flora und Fauna
Die grösste Problematik stellt aktuell das Thema Mutterkuhhaltung dar. „Die jüngsten Fälle haben die Bauern aufgeschreckt“, berichtet der gebürtige Sörenberger, der selbstverständlich jeden Bauern und Älpler der Region persönlich kennt. „Es braucht viele Gespräche. Es stehen Haftungs- und Kostenfragen im Raum, sodass die Bauern lieber Wege verlegen oder auszäunen. Das bedeutet viel Aufwand und ist nicht überall möglich.“ Später auf dem Weg vom Kaffee zu seiner ersten Arbeitsstelle des Tages bringt er das Dilemma auf den Punkt. „Die Leute wollen Ruhe und authentische Landschaften, haben aber heutzutage weniger Bezug zur Natur und sind nicht mehr vertraut im Umgang mit Kühen. Wenn jemand wie wir jetzt durch diese Kuherde wandert, braucht es Erfahrung, um deren Befinden und damit die Gefahr einschätzen zu können. Zudem sind sehr viele Wanderer mit Hunden unterwegs. Seit die Wölfe nicht mehr in der Nähe sind, ist das weniger problematisch. Dennoch können Hunde das Vieh nervös machen“, weiss der erfahrene Jäger.
Man merkt, der Einklang der Menschen mit Flora und Fauna liegt ihm am Herzen. Beat hat stets die Sinne geschärft, beobachtet Wildtiere und saugt mit leuchtenden Augen die Farben einer prächtigen Alpwiese auf. „Unsere Moorlandschaft ist sehr sensibel. Alle haben ein Interesse daran, diese zu erhalten und auf guten und schönen Wanderwegen zu gehen. Meine Arbeit ist eigentlich nie zu Ende, dafür ist das Gebiet zu gross und zu wenig übersichtlich“, sagt Beat und zückt seinen Notizblock. „Den habe ich immer dabei und am Abend sind wieder ein paar Seiten voll mit Aufgaben. Ich hätte gerne immer alles perfekt.“ Trotzdem schafft es der begnadete Handwerker, nicht in Hektik zu verfallen. Stress sei gar nicht gut für ihn. Er mache seine Sachen lieber gut und richtig, auch wenn das manchmal länger dauert. Dafür gönne er sich mittags jeweils eine Auszeit an einem schönen Platz am Berg. „Das ist mein Luxus. Wenn ich morgens im Radio die Verkehrsmeldungen höre, bin ich immer wieder froh, hier zu sein.“
"Die Übergänge in den Jahreszeiten sind jedes Jahr anders. Das fasziniert mich", sagt Beat Felder.
Die Spuren der Biker
Beat Felder ist ein Glücksfall für die Tourismusgemeinde Sörenberg Flühli. Eine plötzliche Holzstauballergie setzte seiner Karriere als Schreiner oder Zimmermann ein Ende. Über den Aushilfsjob als Loipenpräparator schaffte er sich damals kurzerhand selber eine ganzjährige Stelle. „Langweilig wird mir nie“, sagt Beat mit Blick auf den Emmensprung. In Zukunft, ist er überzeugt, werde der Bike-Trend zur wachsenden Herausforderung: „Es ist ja so eine Sache mit den Bikern: Jeder weiss, dass die Wanderwege nicht dafür gemacht sind. Aber die wenigsten sehen die Schäden. Wer fährt schon zurück den Berg hoch, wo man eben ‚runtergerast‘ ist und eine fette Bremsspur hinterlassen hat? Solche Rillen werden dann vom Regen ausgewaschen. Das kann man nicht mehr reparieren“, sagt Beat und zeigt mit konsternierter Miene auf eine ebensolche Spur. Ganz klar, es ist ein Reizthema. „Wenn möglich, versuchen wir Biker und Wanderer zu trennen. Es braucht Aufklärung und eine saubere Signalisation. Da hilft die Biosphäre Entlebuch enorm mit. Ziel ist, alle zufriedenzustellen.“
Beat Felder kennt sein Gebiet bis in die hintersten Winkel.
Die Natur bestimmt den Tag
Wir haben Glück mit dem Wetter, nach einem kräftigen Regenguss am Morgen strahlt die Sonne zwischen den Wolken hervor. „Ohne einen Wetterbericht gehe ich nicht aus dem Haus. Ich will auf alles vorbereitet sein. Nicht selten wirft das Wetter meinen Tages- oder gar Wochenplan über den Haufen. Aber das ist doch schön, denn die Natur heilt sich manchmal selber und wir Menschen müssen uns anpassen.“ Genau so ein Fall gibt es ab dem 1. August in Flühli hautnah zu erleben. Die Hängebrücke am „Chessiloch“ wird eröffnet. Dieser Bau ist nicht etwa eine Touristenattraktion sondern war dringend nötig. „Die alte Brücke wurde mehrmals infolge Hangrutschs oder bei Hochwasser weggeschwemmt und musste immer wieder saniert werden.“ Rund 15 verschiedene Wanderrouten führen über dieses Gebiet in Richtung Städeli, Fürstei, Sattelpass oder Hagleren. Die Kollegen der Gemeinde warten bereits an der Baustelle. Am Anschlussweg gibt es noch einiges zu tun. Also machen wir uns auf dem Weg, wobei Beat, wen wunderts, im Minutentakt gegrüsst wird. „Ich erfahre viel Wohlwollen bei unserer Tourismusgemeinde, den Bergbahnen, Bauern und Touristen“, sagt er und grüsst lächelnd zurück.
Text und Bilder: Ramona Fischer
Neu auf der Geschäftsstelle: Adrian Wüest
Adrian Wüest in den Bergen. Da ist er am liebsten.
«Für Skitouren stehe ich gerne mitten in der Nacht auf»
Adrian Wüest aus Kriens arbeitet seit Anfang April auf der Geschäftsstelle der Luzerner Wanderwege. Er «beerbt» damit seinen Studienfreund Elias Vogler, der nach gut sieben Jahren an vorderster Front eine verdiente Auszeit nimmt und mit Freundin und Fahrrad auf Reisen geht.
Die beiden Kollegen teilen nicht nur das Flair für technische Applikationen wie das bei den Wanderwegen so wichtige Geoinformationssystem (GIS), sondern auch die Freude an Projektierung, Planung und Umsetzung. «Das Spannende an meiner Arbeit ist der gesamte Prozess. Von der ursprünglichen Idee bis zur tatsächlichen Realisierung vor Ort ist ein weiter Weg. Zum Beispiel reizt mich ein neuer Wanderweg von fast fünf Kilometern. Aktuell arbeiten wir an der Linienführung, suchen Lösungen mit Eigentümer und hoffen, dass das Projekt die Baubewilligung erhält. Damit könnten wir den Wanderern in der Region einen tollen Mehrwert bieten.»
Auch nach Feierabend oder an freien Tagen sind Adrian und Elias gemeinsam unterwegs. «Wir sind leidenschaftliche Skitourengänger. Wenn Berge und Pulverschnee rufen, stehe ich dafür gerne mitten in der Nacht auf.» Geschäftsleiter Andreas Lehmann meint dazu nur: «Manchmal ist es besser, wenn ich nicht weiss welches Couloir die beiden als nächstes hochsteigen.»
Adrian glücklich auf dem Gipfel.
Die Arbeit führt Adrian oft nach draussen. «Diese Kombination schätze ich sehr an meinem neuen Job. Auf den Wanderwegen entstehen Visionen, in Gesprächen werden Möglichkeiten ausgelotet und am Computer konkret festgehalten. Mein Ziel ist, die verschiedenen Interessen zu vereinen und unsere Vorhaben auch gemeinsam mit freiwilligen Helfern zu verwirklichen.»
Wenn man den jungen Krienser privat antreffen möchte, ist die Chance irgendwo an der Pilatuskette am grössten. «Da oben bin ich sehr gerne. Ob zu Fuss, am Klettern oder mit dem Bike.» Da liegt die Frage nahe, wie es denn um das Verhältnis zwischen den Natursportlern steht. «Ich mache mich frühzeitig mit der Klingel bemerkbar, dass die Wanderer nicht erschrecken, fahre an engen Stellen langsam oder gehe zur Seite und grüsse freundlich. Damit habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht. Mein Wunsch ist generell, dass sich die Menschen mit mehr Respekt begegnen und weniger die Köpfe einschlagen.»
Im Kanton Luzern fehlt es Natur- und Sportbegeisterten wie Adrian wirklich an nichts. «Ausser an der Erlaubnis zum Wellenreiten auf dem Vierwaldstättersee», schmunzelt der ehemalige Spitzenleichtathlet. «Das wäre eine coole Abwechslung.» Einen etwas ruhigeren Ausgleich bietet ihm dafür sein Nebenverdienst. Als Ergänzung zur Teilzeitstelle bei den Luzerner Wanderwegen baut er Trockensteinmauern. «Das Handwerk fasziniert mich. Mit einem Auge suche ich immer nach neuem Rohmaterial. Der Sandstein aus unserer Region gefällt mir besonders gut.»
Im Sommer trifft man den Krienser auch beim Klettern.
Und womit belohnt sich Adrian nach einem langen Arbeitstag, einer anstrengenden Tour oder einfach so? «Mit Raclette. Als Sohn einer Walliserin kann ich darauf nicht verzichten.» Seine Eltern haben sich übrigens vorgestellt, ihr Sohn werde einmal Pfarrer. «Als ich dann einmal gemerkt habe, dass die Opfergaben gar nicht in die Taschen des Pfarrers wandern, sank mein Interesse rapide», sagt er mit einem verschmitzten Lächeln. Man merkt schnell, Adrian ist für so manchen Spass zu haben.
Wir freuen uns, mit Adrian Wüest einen kompetenten Ansprechpartner an Board zu haben. Er bereichert unser Büro mit seiner sympathischen Art und teilt unsere Begeisterung für Natur und Bewegung.
Text: Ramona Fischer
Bilder: Adrian Wüest